Auf immenses Interesse ist am Donnerstag der Stammtisch von SPD und Grünen zur Standortfrage für die Grundschule in Miltenberg gestoßen. Trotz großer Hitze beteiligten sich insgesamt 40 Personen – überwiegend Eltern – am ergebnisoffenen Meinungsaustausch darüber, ob die bisherige Grundschule in der Wolfram-von-Eschenbach-Straße saniert und erweitert oder auf einem freien Grundstück am Schönbornring in Nord ein kompletter Neubau errichtet werden sollte.
Das Meinungsbild war am Ende des von Sabine Balleier (SPD) und Sabine Stellrecht-Schmidt (Grüne) moderierten Abends deutlich: Niemand von den Anwesenden sprach sich für einen Neubau in Nord aus. Im Gegenteil: „Wir alle hier würden diese Idee gerne stoppen“, erklärte eine Mutter. „Wir wollen eine dezidierte Planung, wie die alte Schule saniert werden kann.“ Ihre Aussage blieb unwidersprochen. Die Hauptargumente, die in der zweieinhalbstündigen Diskussion zur Sprache kamen, fassen Grüne und SPD so zusammen: das hohe Verkehrsaufkommen auf relativ kleinem Raum in Miltenberg-Nord und Gefahren für den Schulweg, die die Eltern dadurch sehen, die Nähe des Neubaus zu den weiterführenden Schulen, Lage und Bausubstanz der derzeitigen Grundschule sowie die Zeit und das Geld, die bereits in die Planung der Sanierung geflossen sind. Ein Teil der Diskussionsteilnehmerinnen und -teilnehmer war bereits in deren Vorbereitung eingebunden. „Wir hatten den Eindruck, dass sie den plötzliche Schwenk nicht nachvollziehen können“, erklärt Sabine Balleier. Sorgen bereitet den Eltern bei einem möglichen Neubau in Nord das gesamte Umfeld: Sie verwiesen auf die jetzt schon vielen Autos, die Bahn und die Betriebe in der Nähe, insbesondere die Fripa mit hohem LKW-Aufkommen. „Ich habe da wirklich große Angst“, hieß es aus der Runde. Und: „Ich würde mein Kind da nicht laufen lassen.“ Cornelius Faust (Liberale Miltenberger), der wie Carl-Ulrich Schmid (ÖDP) als Stadtratsmitglied an der Diskussion teilnahm, verwies darauf, dass der neue Anschluss an die Umgehungsstraße in Nord (Knoten 3) nun tatsächlich gebaut werde und Entlastung bringe, dass aber auch ein gesicherter Bahnübergang für Fußgänger und Radfahrer am Schönbornring zwingend notwendig sei. Die Eltern befürchten dennoch, dass die Verkehrssituation „zu einer Katastrophe“ werden könnte – und, dass das „massenhafte Zusammentreffen“ der Kleinen mit Sekundarschülern die Kinder überfordern könnte. Im derzeitigen Standort der Grundschule sahen die Diskussionsteilnehmer hingegen viele Vorteile: die „behütete“ Lage im Wohngebiet, das große Grundstück, das viele Möglichkeiten lasse, die besondere Aufteilung in verschiedene Häuser. Diese lasse auch eine schrittweise Sanierung in kleinen Abschnitten zu, die der Stadt die Finanzierung in Zeiten explodierender Bau- und Energiekosten erleichtere, führte eine Mutter und Mitarbeiterin eines Bauamts in der Region an. „Die Schule hat Flair, sie hat eine Geschichte – wie die Stadt“, erklärte ein Vater und Lehrer. Kritisiert wurde die bislang fehlende Nachnutzung des alten Gebäudes im Falle eines Neubaus: Die Stadt fördere den Erhalt denkmalgeschützter Bauten, aber für die eigene, ebenfalls denkmalgeschützte Grundschule gelte das nicht. SPD-Kreisrat und Bauingenieur Karlheinz Paulus betonte, der Denkmalschutz stehe einer Sanierung nach seiner Erfahrung nicht entgegen: „Das Denkmalamt will die Gebäude erhalten und ist da mehr zu Kompromissen bereit als früher.“ Die in der Regel hohen Förderungen überstiegen in den meisten Fällen die Mehrkosten. Eine Gefahr hoher Kosten sahen einige Beteiligte darin, dass das Neubau-Grundstück am Schönbornring als Biotop gelte und feucht sei. Dies mache eine Gründung von Bauten auf Pfählen erforderlich. „Das könnte die Neubaukosten tatsächlich deutlich in die Höhe treiben“, meinte Sabine Stellrecht-Schmidt. Der ehemalige ÖDP-Stadtrat Günther Vogt, der an den Beratungen zur Sanierung beteiligt war, schätzte, dass bisher bereits ein bis zwei Millionen Euro in Planung und Vorbereitung geflossen seien. Unverständnis äußerte er zu den Genehmigungsschwierigkeiten des Raumprogramms bei der Regierung von Unterfranken: „Beim Architektenwettbewerb saß ein Vertreter der Regierung mit im Preisgericht“, sagte er. Die Leiterin der Grundschule, Brigitte Hauck, nahm in der Runde eine neutrale Position ein. Sie wies darauf hin, dass eine energetische Sanierung die Klassenzimmer in der alten Grundschule verkleinern werde und man diesbezüglich Abstriche machen müsse. Für einen Neubau würden von der Regierung mittlerweile größere Klassen genehmigt. Carl-Ulrich Schmid schlug den Teilnehmenden des Stammtischs schließlich vor, ihre Bedenken auch in der Bürgerversammlung am Montag, 4. Juli, noch einmal vorzubringen. Alle vier Stadträte – Balleier, Faust, Schmid und Stellrecht-Schmidt – versicherten, die Argumente aus der Runde mit in die Diskussionen im Stadtrat zu nehmen.